Livius, Ab urbe condita

 

I 8 (1-2)
Nachdem die göttlichen Dinge nach rechtem Brauch verrichtet worden waren und die Menge, die durch nichts weiteres (=alleine) als durch Gesetze zum Körper eines (einzigen) Volkes zusammenwachsen konnte, zur Versammlung gerufen worden war, erließ er Rechtsordnungen, in der Meinung, daß diese dem bäuerlichen Menschengeschlecht so heilig sein würden, wenn er sich selbst mit Zeichen der Herrschaft (=Reichsinsignien) verehrbar gemacht hätte, machte er sich sowohl durch seine übrige äußere Erscheinung erhaben, als auch am meisten durch die Aufstellung der 12 Liktoren.

(3)
Die einen glauben, daß er dieser Anzahl folgte, aufgrund der Zahl Vögel, die durch ihren weissagenden Vogelflug seine Königsherrschaft vorhergesagt hatten. Ich bin nicht abgeneigt deren Meinung zu sein, denen es gefällt, daß sowohl Amtsdiener dieser Art von den benachbarten Etruskern abstammen, woher auch der Klappstuhl für Beamte und auch die Toga mit Purpurstreifen herkommen, als auch diese Zahl selbst und die Etrusker hätten es so gehalten, weil sie, nachdem sie einen König aus den 12 Völkern gemeinschaftlich gewählt hatten, jeweils einen Liktor stellten.

(4)
Unterdessen wuchs die Stadt durch Einbeziehen von diesem und jenem Ort innerhalb der Mauern, wobei sie mehr in der Hoffnung auf zukünftige Mengen als auf das, was damals an Menschen da war befestigten.
...

(5)
Schließlich öffnete er das Asyl, einen Ort der nun für die Emporsteigende zwischen den beiden Hainen eingezäunt wurde, damit die Größe der Stadt nicht umsonst sei, um eine Menge durch das alte Verfahren der Städtegründer anzulocken, die durch das Heranziehen zu sich eine dunkle und niedrige Menge vorgaben, es sei ihnen Nachkommenschaft aus der Erde entstanden. Dorthin flüchtete aus allen benachbarten Völkern eine ganze Menschenmenge, ohne Unterschied ob Freier oder Sklave, begierig auf neue Dinge (=Fortschritt) und dies war der Beginn der sich entwickelnden großen Städte.
...

(7)
...
Er wählte 100 Senatoren, se es, weil diese Anzahl genug war, oder weil es nur 100 waren, die als Väter gewählt werden konnten.
...

II 23 (1)
Aber sowohl der Krieg gegen die Volscer drohte, als auch brannte die Bürgerschaft in innerem Haß zwischen den Patriziern und den Plebejern, die selbst zwieträchtig untereinander waren, hauptsächlich wegen der "Schuldknechte"...

(3)
Ein gewisser alter Mann warf sich mit den Zeichen all seiner Übel auf das Forum. Die Kleidung war voll von Schmutz, scheußlicher war der Zustand seines Körpers, der durch Blässe und Magerkeit entstellt war; zu diesem hatten ein langer Bart und Haare das Gesicht wild erscheinen lassen. Trotz seiner solchen Unstalt wurde er erkannt, und sie sagten er sei Centurio gewesen und sie brachten andere militärische Auszeichnungen zur Sprache, wobei sie ihn allgemein bedauerten. Er selbst zeigte als Zeugnis für ehrenhafte Kämpfe Narben vorne auf der Brust. Er sagte denen die eifrig forschten, woher er jene hatte, woher jene Unstalt, und als sich eine Menge nach Art einer Volksversamlung herumscharte, daß während er Soldat im Sabiner Krieg gewesen sei, Schulden machte, weil er nicht nur wegen der Verwüstung des Ackers keinen Ertrag hatte, sondern auch weil das Landhaus angezündet worden sei und alles geplündert und das Vieh weggeführt worden sei, und Tribut zu einer Unzeit eingefordert worden sei.
...
Er sei von diesen Gläubigern nicht in die Sklaverei, sondern in die Arbeitskaserne und Folterei geführt worden. Hierauf zeigte er seinen Rücken, entstellt durch frische Zeichen von Schlägen. Als dies gesehen und gehört wurde, brach ein großes Geschrei aus.
Der Tumult beschränkte sich schon nicht nur aufs Forum, sondern breitete sich in der ganzen Stadt aus. Schuldner mit und ohne Fesseln stürzen sich in die Öffentlichkeit von allen Seiten, und erflehten den Schutz der Quiriten.
An keinen Ort waren freiwillige Begleiter des Aufstandes nicht vorhanden. Viele Züge von Menschen liefen von überall her mit Geschrei durch die Straßen aufs Forum. Unter ihrer großen Gefahr unterbrachen die, die zufällig von den Patriziern auf dem Forum waren, den Heereszug. Und man hätte sich nicht der Handgreiflichkeiten enthalten, wenn nicht die Konsulen Publius Servilius und App. Claudius zu der zusammengedrückten Menge schnell dazwischen getreten wären. Jedoch zeigte die Menge zu dieser gewendet die Fesseln und die anderen Verunstaltungen. Sie sagte, daß sie diese Verdienste haben, wobei jeder seinen Militärdienst vorwurfsvoll erwähnte, da der eine hier, der andere dort geleistet hatte. (...)
Sie forderten viel mehr drohend als demütig bittend, daß sie den Senat einberufen, und sie umgaben selbst als zukünftige Richter und Leiter der öffentlichen Ratsversammlung die Kurie. Äußerst wenige der Patrizier, die der Vorfall hergebracht hatte, wurden von den Konsuln zusammengebracht; die Furcht hielt die Übrigen nicht nur von der Kurie, sondern auch vom Forum fern, und nichts konnte durch die geringe Anzahl im Senat verhandelt werden. Dann aber glaubte die Menge, daß sie verhöhnt und hingehalten wird, und daß die von den Patriziern, die abwesend waren, nicht durch Zufall und nicht aus Furcht, sondern um die Sache zu verhindern, abwesend sind, und daß die Konsuln selbst Ausflüchte machen und ihr Elend ohne Zweifel verhöhnt würde.
Es war schon nahe dran, daß nicht einmal die Erhabenheit der Konsuln den Zorn der Menschen zügeln konnte, als die Senatoren unsicher waren, ob sie sich mehr Gefahr zusammenzögen durch Zögern oder durch Kommen; schließlich in den Senat gehen.

[...]

2.4. (M. Agrippa) II,32 (2-5)
Nachdem dies gemacht war, beschleunigte die Meuterei. Man sagt, daß zuerst über die Tötung der Konsuln verhandelt werde um vom Treueeid gelöst zu werden; unterrichtet
...
sodann, daß keine religiöse Verpflichtung durch ein Verbrechen (=verbrecherisch) gelöst werde, seien sie auf Veranlassung eines gewissen Sicinius ohne Auftrag der Konsulen auf den Heiligen Berg, der jenseits des Stromes Anio, 3 Meilen von der Stadt entfernt liegt, ausgewandert; diese Überlieferung ist häufiger wie diejenige, deren Urheber Piso ist [der sagt, daß] sie auf den Aventin ausgewandert seien, sich dort einige Tage lang aufhielten, ruhig ohne irgendeinen Führer, nachdem sie das Lager mit Wall und Graben geschützt hatten, ohne keine Sache außer zum Lebensunterhalt notwendige zu verbrauchen, weder herausgefordert noch herausfordernd.
(...)

II 32 (9-12)
In einer Zeit in der im Menschen nicht wie heute nun alle Glieder im Einklang waren, sondern die einzelnen Glieder jeweils ihren eigenen Plan [Willen] und ihre eigene Stimme hatten, seien die übrigen Teile verärgert gewesen, daß alles durch ihre Sorge, Mühe und Dienste für den Magen zusammengesucht werde, daß der Magen in der Mitte ruhig und nichts anderes außer der ihm gegebenen Lust genießt. Daher hätten sie sich verschworen, daß die Hand Speisen nicht zum Mund führe, daß der Mund das Gegebene nicht annehme, noch daß die Zähne kauen. In diesem Zorn, während sie wollten, daß der Magen durch Hunger gebändigt werde, sei es zur äußersten Entkräftung der einzelnen Glieder selbst und des ganzen Körpers zusammen mit dem Magen gekommen. Daher sei es deutlich geworden, daß der Dienst des Magens auch nicht gerade träge war und nicht mehr ernährt werde, als er selbst ernähre, indem er durch das schnelle Blut, gleich verteilt in Adern, in alle Teile des Körpers das zurückgebe, wodurch wir leben und stark sind.
Indem er davon ausgehend eine Parallele zog, wie sehr der Zorn des Volkes auf die Väter diesem ähnlich sei, habe er die Menge umgestimmt

II 33 (1ff.)
Nachdem das Gesetz, das nach der Bekanntmachung bedeutungslos geworden war, verworfen worden war, verhandelten die Volkstribunen milder mit den Senatoren: Sie sollten dem Streit endlich ein Ende bereiten. Wenn die Gesetzte den Plebejern mißfielen, sollten doch jene zulassen, daß gemeinschaftlich Leute die Gesetztesanträge stellen gewählt würden, aus dem Volk und den Vätern, die für beide Seiten Nützliches einbringe und was dazu dient die Freiheit auszugleichen.
Die Väter wiesen diese Sache nicht zurück; sie sagten, daß niemand Gesetzte geben würde, wenn er nicht einer von den Vätern sei. Als man sich über die Gesetzte einigte, war man sich über die Leute, die Gesetzte vortragen uneins; deshalb schickte man [Namen] nach Athen, und es wurde ihnen befohlen, die vortrefflichen Gesetzte Solons abzuschreiben und Institutionen der anderen griechischen Bürgerschaften, Sitten und Rechtsnormen kennenzulernen.

II 34 (1 ff.)
Dann bemühte man sich um das verfassen der Gesetzte; nachdem die 10 Tafeln unter größter Erwartung der Menschen in der Öffentlichkeit ausgestellt worden waren, riefen sie das Volk zu einer Versammlung zusammen und befahlen zu den aufgestellten Gesetzen zu gehen und zu lesen, was gut, günstig, glücklich und gedeihlich sei für den Staat, für sie selbst und für ihre Kinder.
Sie hätten das Recht angeglichen, für all, für die höchsten und die geringsten, soweit mit den Begabungen der 10 Menschen vorhergesehen werden konnte; mehr hätten die Ideen und der Rat der vielen vermocht. Sie sollten überlegen, eine jede einzelne Sache, dann darüber im Gespräch verhandeln und dann öffentlich mitteilen, was in jeder einzelnen Sache zu viel oder zu wenig sei. Das römische Volk werde diese Gesetzte haben, von denen man annehmen könne, das alles einstimmig nicht so sehr vorgeschlagene Gesetzt gebilligt als sie selbst eingebracht hätten.